17. Juni 1953:

Volksaufstand in der ehemaligen DDR


Gedächtnisprotokolle über das Potsdamer Stasi-Gefängnis

Kontrollen, Verhöre, Schikane: K.-H. Pahling war Gefangener "Nr. 101" in Potsdam


von R.A.

 

Berliner Tagesspiegel vom 18.06.1992 


 

Einzelzelle, Schlafen nur in Rückenlage bei brennendem Licht, Vernehmungen grundsätzlich in  der Nacht - das waren nur einige der alltäglichen  Quälereien im Potsdamer Stasi-Gefängnis  "Lindenhotel", von dem zwei Betroffene am Mittwoch berichteten. Insgesamt, so Thomas Wernicke, der sich seit Ende 1989 dafür einsetzt, das Gefängnis zu einer  Gedenkstätte umzugestalten, haben bisher 25 Insassen ihre Erlebnisse aufgeschrieben. Wie viele Personen insgesamt in den engen, dürftig ausgestatteten Zellen oft viele Monate in Untersuchungshaft gehalten wurden, ließ sich bisher noch nicht feststellen. 1989 waren allein 304 Ermittlungsverfahren anhängig. Die meisten Anklagen lauteten auf versuchte Republikflucht.

 

Vier der Gedächtnisprotokolle ehemaliger Insassen sind jetzt in der Broschüre mit dem Titel "Staats-Sicherheit - ein Haus in Potsdam" nachzulesen, die Thomas Wernicke im Auftrag des Potsdammuseums herausgegeben hat.

 

Das Museum nutzt den Zellentrakt in der Lindenstraße zur Zeit zusammen mit dem Denkmalamt als Lagerraum. In der obersten Etage sind einige Räume als Gedenkstätte eingerichtet. Zur 1000-Jahr-Feier 1993, so hofft die Leiterin des Potsdammuseums, Frau Monika Bierschenk, soll eine Gedenkstätte eröffnet werden. Dafür sind 60.000 DM Fördermittel vom Amt beantragt worden. Bisher können mangels Personal nur Gruppenführungen veranstaltet werden. 1991 immerhin 55 (Anmeldung über Tel. 231 82).

Die wechselvolle Geschichte des "Lindenhotels" reicht bis 1737 zurück. Nach der Fertigstellung schenkte Friedrich Wilhelm I. den holländischen Rohzieglbau der Stadtkämmerei, damit diese ihre Einnahmen aufbessere. Das damals repräsentative Haus Potsdam wurde an hohe Offiziere vermietet. Nach Erlaß der preußischen Städteordnung (1808) tagte dort einige Jahre lang das erste Potsdamer Stadtparlament. 1817 vereinbarte man einen Tausch mit dem Stadtgericht, das damals im Alten Rathaus untergebracht war.

1935 wurde ein "Erbgesundheitsgericht" gebildet, das über Zwangssterilisierungen zu entscheiden hatte. Der 1908 angebaute Zellentrakt hinter dem Bürgerhaus diente als politisches Gefängnis für Angeklagte des Potsdamer Volksgerichtshofes.